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Bildstock

der Familie Walter Heuken


Denke nicht darüber nach,
ob du durch ein erleuchtetes Portal
oder durch eine schmale Tür
den Himmel betrittst.
Hauptsache, du bist
willkommen.

Irischer Segenswunsch


Weitere Erläuterungen zusammengestellt von Ortsheimatpfleger Gerhard Henneke
Weihnachten 2019

Lage nach Straßenbezeichnung: Brüderstr. 2
Geographische Lage nach Google Earth: 51°33'18.96'' N 8°19'39.59 O
Höhe ü.N.N. 210 m

Allgemeines, Programmablauf der Restaurierung, Finanzierung und Quellennachweis klicke hier

Der Bildstock steht unter Denkmalschutz und ist von der Fa. Nüthen, Bad Lippspringe restauriert worden.
Die von der Gemeinde Anröchte in den Jahren nach 1980 eingesetzte Kommission zur Erfassung aller denkmalwürdigen Bauwerke schreibt folgendes:
Der barocke, vergitterte Bildstock ist der älteste seiner Art im Bereich der Ortschaft Anröchte.

Im Feld des Kopfbogens ist im Halbrund folgende Inschrift zu lesen:
Anno 1678 5. Decemb(ris)

Auf der Vorderseite der Nischenabdeckung befindet sich die Stifterinschrift:
JURGEN KLINGELBIL MARGARETA SCHLEBRUCH

Auf dem Schwellenstein der Nische ist ein Gebetsspruch angegeben:
O Mensch, bedenck [=denk an] die Armen

Im Innenraum der Nische befindet sich ein Relief, das eine sogen. Marienklage (=Maria mit dem Leichnam Jesu, auch Vesperbild genannt) darstellt. Jürgen Klingebiel stammte vom gleichnamigen Hof in Anröchte, der der Adelsfamilie von Landsberg zu Erwitte als Grundherr gehörte.
Seine Ehefrau Margareta Schlebruch/Schlebrügge war die Tochter des letzten protestantischen Pastors der Anröchter Pfarrkirche, Caspar Schleebrügge, der hier bis 1611 als Prediger der evangelischen Konfession tätig war. Seit 1583 war Anröchte im Rahmen der damals im Herzogtum Westfalen herrschenden Truchsessischen Wirren durch die hier vom reformatorischen Kölner Kurfürsten und Landesherrn Gebhard Truchsess von Waldburg eingesetzten Prädikanten (Simonis, Schleebrügge) vom katholischen Glaubensbekenntnis abgefallen. Die verheirateten und miteinander eng verwandten Prediger und ihre Familien bewirtschafteten neben ihrer geistlichen Tätigkeit auch umfangreichen Grundbesitz in Anröchte, durch den sie und ihre Kinder zu erheblichem Wohlstand gelangten. So ist zu vermuten, dass die Tochter des letzten Anröchter Predigers Caspar Schleebrügge, der nach der katholischen Restauration des Ortes im Jahr 1611 Anröchte verlassen musste und dann vehement um den Erhalt seines dort angehäuften Vermögens (3 Hofstätten) stritt, diesen Bildstock aus ihrer Erbschaft stiftete. Mit der bewussten Widmung des religiösen Monuments demonstrierte sie nun ihre (selbst)kritische Einstellung zum Vermögensstreben ihrer protestantischen Vorfahren, insbesondere ihres Vaters als evangelischer Geistlicher in Anröchte. Margarete Schleebrügge und ihr Ehemann Jürgen Klingelbiel, die eine der 3 Hofstätten des Caspar Schleebrügge erbten und bewirtschafteten, gehörten zur katholischen Konfession. Sie erinnern und mahnen mit ihrer gezielten Bildstockwidmung an das vorrangige Gebot der christlichen Nächstenliebe und appellieren in humanitär-sozialer Absicht an den Leser und Betrachter zur Fürsorge für die Armen.
Auf der Vorderseite des Sockels wurde dazu das Relief einer Kreuzwegszene (=Jesus fällt unter dem Kreuz) angebracht.
In der linken unteren Ecke befindet sich, neben einer leider nicht mehr lesbaren Inschrift zum Relief am unteren Sockelrand, ein kleines Wappen mit einem achtzackigen Stern, der evtl. das Handwerkszeichen des kunstfertigen Bildhauers und Schöpfers von Relief und Monument wiedergeben könnte.
Der Bildstock gehörte über viele Generationen zum Gehöft Röper-Bolte und war bis 2016 die erste Station der Anröchter Fronleichnamsprozession.

Anmerkung: Im Zuge der Restaurierungsarbeiten konnte das alte ( vermutlich) bauzeitliche Gitter - im Keller der Fam. Heuken lagernd - ebenfalls restauriert und wieder eingebaut werden.

Quellen:
Stille, Franz, Anröchte -Dorf u. Pfarrei im Wandel der Zeiten Lippstadt 1937, S. 159ff
Juckenhöfel, Elisabeth u.a., Bildstöcke in Geschichte und Brauchtum unserer Gemeinde, Anröchte 1984, S. S. 113ff
Müller, Helmut, Anröchte - Geschichte seiner Ortschaften von den Anfängen bis um 1800, Lippstadt 1993, S. 135, 227f, 251f, 337.

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