Öffne die Tür zu der Stille,
die hinter dem Chaos liegt,
zu dem Ort,
an dem du einen Frieden findest,
den du nie für möglich gehalten hättest,
und sieh was da glitzert
ganz unten im Sturm.
Jan Richardson, aus: The Cure for Sorrow
Weitere Erläuterungen zusammengestellt von Ortsheimatpfleger Gerhard Henneke
Weihnachten 2019
Lage nach Straßenbezeichnung: Kreisstraße K 23, Mellrich - Altenmellrich
Geographische Lage nach Google Earth:51°32'23.94'' Nord, 8°16'09.74'' Ost
Höhe ü.N.N.213 m
Allgemeines, Programmablauf der Restaurierung, Finanzierung und Quellennachweis klicke hier
Sie stehen an einem Ort, wo man sich fragen kann, was mag der Grund für die Errichtung dieses Kreuzes aus Stein sein. Die Gründe dafür sind nicht überliefert worden. Viele Jahre fehlte der Corpus am Kreuz und so ist es umso erfreulicher, daß seit einigen Jahren wiederum ein Corpus angebracht ist.
Um Witterungseinflüsse abzuwehren, besteht der Korpus nun aus Kunststoff, vom Bildhauermeister Paul Kußmann aus Anröchte hergestellt.
Das Kreuz steht nicht unter gesetzl. Denkmalschutz.
Das im Jahr 1905 aufgestellte Kreuz zeigt(e) folgende Inschrift:
Zunächst liest man über dem Corpus: INRI
INRI oder auch J.N.R.J. sind die Initialen für den lateinischen Satz:
Jesus Nazarenus Rex Iudaeorum. (auch Jesus Nazarenus Rex Judaeorum)
Jesus von Nazareth, König der Juden.
Am senkrechten Schaft:
Heiliges Kreuz Christi mein Trost im Todeskampf
Errichtet
von
Familie Henke
1905
An der rechten Seite des Fundamentblocks ist vom Bildhauer ein Wappen oder Symbol in vertieft
erhabener Steinmetztechnik gearbeitet. Man sieht hier einen Anker mit einem Blatt oder Palmenblatt schräg darüber gelegt. Es handelt sich hier um ein christliches Symbol der katholischen Christen:
Hoffnung auf ewige Seligkeit.
Der Anker ist also das Zeichen der Hoffnung, das Palmblatt erinnert an den Einzug Jesu in Jerusalem (Palmsonntag, der Sonntag vor Ostern).
Die Familie Henke ist in Altenmellrich ansässig, Dorfstraße 11, und bewirtschaftet dort einen Bauernhof.
Berni Müller, 90 Jahre alt, alteingesessener Bürger von Altenmellrich berichtete mir, das Kreuz habe sich früher nach Erzählung seiner Eltern unten im Tal befunden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Straße nach Mellrich noch nicht bestanden, sondern sei nur ein schmaler und steiler Fußweg gewesen. Etwa im Jahr 1872 ist der Weg (im Volksmund Totenberg genannt) von den Gemeinden Altenmellrich und Mellrich verbreitert und ausgebaut worden.
Alfred Hoppe weist in seinem Buch "Altenmellrich ein Haardorf in Bilddokumenten" auf Seite 148 auf folgendes hin:"Auf dem Rückweg der Johannesprozession (die von der Kirche in Mellrich in jährlichen Rhythmus abwechseln in einzelne Kirchspielsdörfer ging) wurde an diesem Kreuz Station gemacht."
Sein Foto aus dem Jahr 1960 zeigt das Kreuz noch ohne Corpus.
Alfred Hoppe schreibt weiter auf Seite 133:
"Zu Ehren des hl. Johannes des Täufers wurde hier im Kirchspiel Mellrich seit Menschengedenken die Johannes-Prozession durch geführt. Am Sonntag nach dem 24. Juni ging diese Prozession im jährlichen Wechsel von Mellrich zu den Kirchspieldörfern Altenmellrich, Klieve, Robringhausen und Uelde.
Die Prozession begann in der Hauptkirche in Mellrich mit einer hl. Messe. Sie zog dann mit dem Allerheiligsten, Baldachin und Vereinsfahnen in Richtung Altenmellrich durch den "Alten Kirchweg". An der "Dicken Linde", am Heiligenhaus Fürstenberg, Abzweig Beiwende, war die erste Gebetsstation. Der Weg führte weiter durch die Knappsteinstraße zur Kapelle. Hier war die zweite Station. Danach wurden alle Gläubigen in den Familien mit Kaffee und Kuchen bewirtet. Nach ca. einer Stunde Aufenthalt wurde durch Glockengeläut das Zeichen zum Aufbruch gegeben. Die Prozession ging dann weiter durch das mit Blumen, Altären und Ehrenbögen geschmückte Dorf wieder in Richtung Mellrich. Auf dem Schaffstein, an Henken Kreuz war die letzte Station. Nach dieser Station durften die Altenmellricher wieder nach Hause gehen. In der Hauptkirche in Mellrich war die letzte Station. Die Johannesprozessionen fanden bis zum zweiten Weltkrieg statt. Unter dem NS-Regime war es nicht mehr möglich. Die letzte Johannesprozession nach Altenmellrich war im Juni 1938. Nach dem zweiten Weltkrieg ist sie nicht mehr durchgeführt worden".
Zusatz vom Verfasser Henneke: In den letzten Tagen erzählte mir dazu Frau Anni Deimel aus Mellrich, ihr Onkel Eugen Grimmelt habe ihr vor vielen Jahren erzählt, dass er den Bildstock am Sunderwald (siehe auch ME 13) jeweils zur Johannes-Prozession geschmückt habe. Wenn zu erwarten war, daß die Prozessionsteilnehmer bald von Altenmellrich kommend in Mellrich ankamen, dann legte er sich im Straßengraben auf die Lauer, um den Prozessionszug frühzeitig erspähen zu können, um passend und frühzeitig die Kerzen am Bildstock anzünden zu können.
Eine weitere Erzählung erfuhr ich von Joe Schulte Waltringhausen. Hinsichtlich der Johannes-Prozession nach Robringhausen, Waltringhausen oder Klieve war auch ihm bekannt, daß die Mellricher Prozessionsteilnehmer in den Dörfern köstlich und reichlich bewirtet wurden. Dies sei Brauch und Ehrensache der besuchten Dörfer gewesen. Zur Prozession selbst wurden die Straßen und Häuser festlich geschmückt mit Blumen, Ehrenbögen, Girlanden, Hausaltären und langen Blumenteppichen auf den Straßen. Nach seinen Worten wurde Robringhausen und Klieve besucht. Waltringhausen wurde dadurch geehrt, dass man durchs festlich geschmückte Waltringhausen nach Klieve ging.